Anja Tuckermann zu Gast an der Albertville-Realschule

Die Autorin des Buches „Mano – der Junge, der nicht wusste, wo er war“ im Gespräch mit unseren zehnten Klassen

Am 01. Februar versammelten sich alle Schüler der zehnten Klassen in der Aula, um an einer Lesung teilzunehmen. „Mano – der Junge, der nicht wusste, wo er war“ lautet der Titel der Prüfungslektüre in diesem Schuljahr, deren Autorin Anja Tuckermann ist.

In dem Buch geht es um den Jungen Mano, der zusammen mit seiner Familie 1942 im Alter von neun Jahren ins Konzentrationslager kommt, weil er aus einer Sinti-Familie stammt. Die Familie wird im Laufe der Zeit getrennt und Mano überlebt drei Konzentrationslager, ehe er 1945 nach Ende des Krieges von französischen Kriegsgefangenen mit nach Frankreich genommen wird. Er befindet sich in einem sehr schlechten körperlichen Zustand und die Franzosen retten ihm so das Leben. Bereits auf dem Weg nach Frankreich schärft man ihm ein, nicht zu sagen, dass er Deutscher sei. In Frankreich wird er von der französischen Familie Fouquet in Patin aufgenommen, bei der er mit Unterbrechungen ungefähr ein Jahr wohnt. Wegen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse kann er aber dort nicht bleiben, sondern kommt nach Le Havre zu den Zieheltern Chevrier, bei denen er ein halbes Jahr lebt.

Die ganze Zeit ist Mano zerrissen zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite würde er gerne sagen, dass er Deutscher ist und seine Familie suchen, wobei er sich wenige Hoffnungen macht, dass diese überlebt hat. Auf der anderen Seite fühlt er sich den Franzosen verpflichtet, die sich um ihn kümmern und ganz klar Position gegen die Deutschen beziehen. Am Ende sind es seine Eltern, die ihn über einen Suchdienst finden und am 13.12.46 nach München zurückbringen lassen.

Das Buch basiert auf einer wahren Begebenheit und Frau Tuckermann berichtet bei ihrem Besuch ausführlich über die Entstehung des Buches. Kennengelernt habe sie Mano über seinen Cousin Hugo Höllenreiner, dessen Lebensgeschichte sie ebenfalls in einem Buch verarbeitet hat. Ermutigt durch die Erfahrungen seines Cousins Hugo sei Mano eines Tages auch auf sie zugekommen und habe um ein ähnliches Projekt gebeten, berichtet Anja Tuckermann. Alle Fakten habe sie daraufhin recherchiert und sei an alle Orte gefahren, teilweise in Begleitung von Mano Höllenreiner. Zunächst habe sie das Buch in der Ich-Perspektive schreiben wollen, aber dann gemerkt, dass das fast unmöglich sei. Also habe sie eine eher neutrale Erzählhaltung eingenommen und „Gedankenströme“ von Mano einfließen lassen. Teilweise kommen auch andere Personen aus der Zeit zu Wort, die Mano begleitet haben.

Beeindruckt folgten die Schüler den Erklärungen zum Buch. Anja Tuckermann berichtet von der Zusammenarbeit mit Mano Höllenreiner, die ohne eine gegenseitige Sympathie gar nicht möglich gewesen wäre. Er leide noch heute darunter, dass er seine Herkunft so lange hat verleugnen müssen. Durch die Arbeit an dem Buch habe er selber aber viel von dem Erlebten verarbeiten können. Außerdem erfuhren die Schüler von dem ersten Treffen seit Jahrzehnten zwischen dem Sohn der Fouquets, Paul, und Mano. Nur durch einen Zufall konnte der Kontakt wieder hergestellt werden, da Paul Fouquet ein sehr verbreiteter Name in Frankreich ist. Es sei bei dem bewegenden Treffen sofort wieder eine Vertrautheit dagewesen, berichtet die Autorin.

Dieser beeindruckende Einblick hinter die Kulissen der Arbeit an dem Buch ermöglichte der Förderverein der Albertville-Realschule, der die Kosten für die Lesung übernommen hat.

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